Vivaldi & die Dresdner Hofkapelle

Dresdner Kapellsolisten

Annenkirche Dresden

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Vivaldi in der Lagune von Elbflorenz

Vivaldi, Corelli, Albinoni – was sich liest wie die Komponisten einer weiteren best-of-CD italienischer ‚Pop-Musik‘ aus dem Venedig des 17. Jahrhunderts, entpuppt sich doch als musikalisch reichhaltiger Schatz mit vielfältigem Bezug zu Sachsens Landeshauptstadt Dresden. Auch wenn Antonio Vivaldi selbst nie in Dresden war, wiesen die Dresdner Kapellsolisten unter Leitung von Prof. Helmut Branny mit ihrem Konzert in der Annenkirche Dresden zahlreiche – erwiesene! – Verbindungen an die Elbe auf. Mit großem Ehrgeiz und durchdringender Intensität war es ein Erlebnis, was für Begeisterung sorgte.

Großer Dank gilt vorab dem der Mitarbeitenden der Dresdner Hofkapelle nur peripher tangierenden Ordnungssinn im Umgang mit Notenmaterialien, Abschriften, Geschenken und Mitbringseln von Bildungsreisen seiner Hofcapellmeister und Compositeure. Die erstaunlich umfangreiche Werksammlung aus dem ‚Schranck II‘ – einem Schrank mit der Nummer 2 hinter der Orgel der Dresdner Hofkirche verortet, galt als die Entdeckung des 19. Jahrhunderts in Dresden schlechthin. Darin fanden sich zahlreiche Werke benannter Großmeister aus Italiens Musikzentren, der Wiege des damaligen musikalischen Zeitgeists an Kompositionstechniken und -stilen und somit unendlich wertvoll für das Schaffen hiesiger Kapellen.

Zum Leben erweckt

Auszüge dieser Sammlung, welche durch den Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle Johann Georg Pisendel (1687-1755) zusammengetragen wurden, erklangen unter Susanny Brannys furios geführten Bogen am ersten Pult des renommierten Kammerorchesters. Corellis concerto grosso op. 6 No. 6 führte in die Klangwelt des Frühbarocks ein: purer Streicherklang mit einer Konnotation Cembalo, adagio (getragen, ruhig). Ein klein-majestätischer Einzug mit liebevollen, dezenten Verzierungen bevor die Kapellsolisten, allesamt Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle, die Musik des Abends zum Leben erweckten.

Streichersound: satt!

Mit Vivaldis Concerto A-Dur für Streicher und Cembalo sowie e-Moll für das Solo-Fagott erklangen keinesfalls unbekannte Werke. Doch war es erfrischend mal NICHT Vivaldis ‚Vier Jahreszeiten‘ zu bemühen, obwohl den Dresdner Kapellsolisten mit Solo-Violinistin Susanne Branny die Einspielung ‚Virtuose Violinenmusik‘ (2015) u.a. mit benanntem Jahreslauf (zu hören auf Spotify) ein internationales Referenzwerk (!) gelungen ist, das höchste Achtung verdient. (Warnung: Sie erwartet ein schwelender Großbrand an Furiosität und Hingabe, der kaum in Worte zu fassen ist.)

Besonders das e-Moll mit Fagottist Erik Reike sorgte für eine melancholisch angehauchte, aber nicht minder unterhaltsame Abwechslung im Streicherklang. Einen langen Atem in unzähligen Arpeggio musste also nur der Solist selbst bemühen und die kompakte Besetzung von zwölf begleitenden Musikern gab vollmundige Kontrapunkte. Tomaso Albinonis D-Dur und Johann Babtist Georg Nerudas Sinfonie in A-Dur rahmten diesen Teil und lagen mit ihrem Kompositionsstil wie auch Klangempfinden voll im Trend der Zeit. Trotz purer Streicherbesetzung sorgen konträre Charakteristika wie etwa ein Grave (schwer) zu einem Allegro (schnell) oder Presto (sehr schnell) zu einem Lento (langsam) auch hier für erlebbare Vielfalt.

Konzertfotos: Marcus Hartelt

Seesturm im Elbtal

Mit einer frischen Prise krönte das Flötenkonzert F-Dur (‚der Seesturm‘) sowie das Concerto für 4 Violinen in h-Moll den Konzertabend. Bernhard Kury weiß seine Querflöte zu spielen und schifft die Musiker unter seiner Führung durch das Nadelöhr der Lagune von Venedig – stets mit ansteckender Freude am Tanz mit Dirigent und Primus Helmut Branny. Überhaupt lässt sich im Miteinander der Kapellsolisten kaum Zweifel am Selbsterlebnis der Musiker hegen: es ist musizieren miteinander, auf Augenhöhe, im Einklang das Beste zu geben und doch aus der Emotion heraus zu riskieren und anzutreiben. Kleine Gesten, große Wirkung - so schafft es Helmut Branny immer wieder aufs Neue sich, seine Musiker aber auch das Publikum für die Musik zu gewinnen.

Das Grande Finale mit RV 580 für vier Violinen ist wie geschaffen für die Besetzung der Kapellsolisten: transparent, erfrischend, drängend und dennoch kontrolliert spielten sich die führenden Violinistinnen Susann Branny und Annette Unger mit ihrem Kollegium und großer Hingabe die Bälle zu. Ein Schlagabtausch mit zwinkerndem Konter ganz zur Begeisterung des Publikums. Auch das harmonisch spannungsgeladene Largo und Larghetto (2. und 3. Satz) lassen kaum Zeit zum Verschnaufen, bevor das vollmundige Allegro das Meisterwerk Vivaldis kulminieren lässt.

Nach stürmischem Applaus und der ersten Zugabe verabschiedete sich das Ensemble mit der Einladung zum gemeinsamen Singen von „Der Mond ist aufgegangen“ beim begeisterten Publikum. Wir erlebten einen gelungenen Konzertabend, der uns alle gleichermaßen berührte. 

Besetzung

Rolle
Dirigent
Name
Helmut Branny

Vivaldi & die Dresdner Hofkapelle

Auch wenn Antonio Vivaldi selbst nie in Dresden war, wiesen die Dresdner Kapellsolisten unter Leitung von Prof. Helmut Branny mit ihrem Konzert in der Annenkirche Dresden zahlreiche – erwiesene! – Verbindungen an die Elbe auf. Mit großem Ehrgeiz und durchdringender Intensität war es ein Erlebnis, was für Begeisterung sorgte.